Sachbericht Das Zelt_7 KM fuer CQ

Das Zelt -7 km“ Kunstintervention

Riace (Kalabrien) Italien

15. September- 10. Oktober 2014

Die Kunstintervention „Das Zelt – 7 km“ in Riace entstand im Rahmen des Projekts „Ich bin du“, welches von mir und Susanne Rieper, sie ist Migrationsforscherin, durchgeführt wird. Wir beschäftigen uns dabei mit dem Menschen als eine einzigartige Einheit. Unter Beibehaltung der Einheit wird diese Einheit überwunden, indem man sich mit der Porosität, Durchlässigkeit und Formbarkeit der Grenze zwischen dem eigenen Ich und der/des Anderen auseinandersetzt. Auf diese Weise werden kulturelle, soziale, religiöse und politische Grenzen überwunden. „Ich bin du“ umfasst Workshops und Kunstinterventionen.

In diesem Sinne haben wir im Winter 2013 in Zusammenarbeit mit Young Arts Neukölln und der Karl-Weise-Schule in Neukölln den Workshop „Die Welt und ich“ veranstaltet, der seinen Abschluss in einer Ausstellung im Rahmen von „48 h Neukölln“ fand. Wir setzten uns dabei mit den Bronzestatuen von Riace auseinander und zwar als Symbol der Schönheit des Menschen. Dieser Workshop sowie sein Abschluss haben uns somit nach Riace geführt, an einen Ort, an dem Menschen aus aller Welt willkommen sind und an dem unser Leitmotiv „Ich bin du“ gelebt wird. Diese Erfahrung wollten wir am eigenen Leib machen und dazu anhand unserer Kunstintervention beitragen.

Die Kunstintervention entstand in Zusammenarbeit mit dem Verein „Città Futura“. „Città Futura“ bedeutet „Dorf der Zukunft“. Der Name ist Programm. Es handelt sich hierbei um ein vom Bürgermeister Domenico Lucano 2009 initiiertes Projekt, welches Flüchtlingen in Riace ein Zuhause gibt. Für dieses Projekt wurde Domenico Lucano 2010 der “World Mayor Prize” verliehen. „Città Futura“ wird von ihm alleine geführt. Das Projekt steht und fällt ihm. Sitz des Projekts ist der Palazzo Pinnarò, wo nun auch unser Zelt seinen Platz gefunden hat.

Die Projektleiterinnen waren Valeria Sanguini und Susanne Rieper. Gemeinsam mit Kindern und Jugendlichen zwischen 6 und 15 Jahren wie auch mit der restlichen Bevölkerung von Riace haben wir ausgehend vom Palazzo Pinnarò anhand von bunten Satinbändern die Zeichnung eines Zelts durch das Dorf gezogen. Hierfür haben wir uns jeden Tag zwischen 17 und 19 Uhr mit den Kindern und Jugendlichen vor dem Palazzo Pinnarò getroffen. Die in den Straßen wie auch in ihren Wohnungen angetroffene Bevölkerung von Riace beteiligte sich spontan an der Kunstintervention. Mit den Satinbändern haben wir Straßen, Wohnungen, Dächer, unbewohnte Häuser, Gärten und Balkons durchzogen. Dies passierte, indem alle TeilnehmerInnen abwechselnd die Satinbänder geworfen, gezogen, weitergereicht, aber auch entknotet und erneut geworfen, gezogen und weitergereicht haben. Dabei haben immer die Kinder und Jugendlichen über den Weg wie auch über das Ziel der Satinbänder entschieden. Anhand dieses so entstandenen Parcours wurden jegliche Hindernisse genommen. Durch diesen Parcours machten die Kinder und Jugendlichen, wie auch die Bevölkerung von Riace die Erfahrung eines psychomagischen Akts. Der Abschluss der Kunstintervention stellte ein gemeinsam mit den Kindern und Jugendlichen geschaffenes symbolisches Objekt dar und zwar ein Zelt, welches wir zunächst in der entweihten Kirche „Spirito Santo“ aufgebaut haben, letzten Endes im Palazzo Pinnarò.

Aus dem von uns geplanten Workshop, in dem die eigentliche Kunstintervention mit theoretischem Wissen, aber auch mit praktischen Übungen vertieft werden hätte sollen, wurde eine reine Kunstintervention. Die fehlende Kommunikation mit Città Futura machte den geplanten Workshop unmöglich. Mit unseren Formen der Kunst, sei es thematisch, wie auch methodisch, gelang es uns jedoch diese Barriere zu durchbrechen und von dieser Barriere sogar zu profitieren.

Diese Kunstintervention diente uns als sehr gute Vorbereitung auf unseren, in Zusammenarbeit mit der Karl-Weise-Schule in Neukölln im Winter 2014 stattfindenden und von Berliner Projektfonds Kulturelle Bildung finanzierten Workshop „GrenzgängerInnen“. In diesem Workshop nämlich gehen wir dem Begriff „Zelt“ auf den Grund.